Das fliegende Klassenzimmer

Wittlich/Traben-Trarbach. Erich Kästner wäre begeistert, könnte er erleben, wie sich der Physikleistungskurs 11 des Peter-Wust-Gymnasiums Wittlich in ein "fliegendes Klassenzimmer" verwandelte. Zum zweiten Mal nutzten "PWGler" die beiden doppelsitzigen Segelflugzeuge des DASC e. V. als fliegenden Physiksaal.

15 Schülerinnen und Schüler des Physik-Leistungskurses MSS 11 erhielten im Rahmen ihrer Projekttage Einblicke in die hohe Kunst des Segelfliegens. Möglich machte dies die Kooperation der Schule mit dem Deutsch-Amerikanischen-Segelflug-Club (DASC) in Traben-Trarbach. Doch bevor es tatsächlich in die Luft gehen konnte, musste Theorie gebüffelt werden.

So lernten die 15 Schüler die mathematisch-physikalische Welt Bernoullis und Venturis kennen. Sie erforschten das Auftriebs- und Strömungsverhalten von Gegenständen unterschiedlichen Profils mit Hilfe von Experimenten. Physiklehrer Heinz-Arnold Schneider gab den Schülern am ersten Tag eine konkrete Einführung in die Grundlagen des Fliegens. Papierbögen stiegen wie von unsichtbarer Hand geführt im Windkanal auf. Gegenstände verhielten sich, wie es niemand erwartet hätte. So lernten die Gymnasiasten Bernoullis berühmte Gleichung kennen, die die Frage "Warum fliegen Flugzeuge?" beantwortet.

Jedem Physiksaal sind in der praktischen Beweisführung Grenzen gesetzt. So machte sich der Kurs auf den Weg zum Mont Royal. An zwei weiteren Projekttagen erlebte er dort angewandte Physik während mehrerer Segelflüge. Die Fluglehrer des DASC Dieter Stadler, Horst Dahlke und Wolfgang Siegel vermittelten am Boden und in der Luft die Aerodynamik am Tragflügel, die Ruderwirkung und den gefürchteten Strömungsabriss. Sie demonstrierten Auftrieb und Widerstand im Geradeausflug, beim Sinken und Steigen, sowie im Kurvenflug.

Im morgendlichen Briefing bereitete Siegel zunächst alle Jungphysiker auf den Flug vor. Die Benutzung eines Fallschirms, der Aufbau des Flugzeugs und die Instrumentenlehre waren Inhalte des kleinen "Fliegercrashkurses". Sie halfen den Schülern sich im Cockpit zurechtzufinden. Danach konnte es endlich losgehen. Die anfängliche Aufregung vor dem ersten Flug verwandelte sich in Begeisterung. Am ersten Tag sorgte eine extrem labile Luftschichtung für sehr gute Steigwerte am Westhang des Mont-Royal. Die Segler erreichten in kürzester Zeit eine Höhe 700 bis 800 Metern. Die Experimente aus dem Physiksaal konnten jetzt in der Realität überprüft werden. Rote Wollfäden machten auf der Tragfläche den Strömungsverlauf in allen Flugzuständen sichtbar. Ein seitlicher Faden am Plexiglas der Kabine gab Aufschluss über den geflogenen Anstellwinkel. Der Höhepunkt des zweiten Tages: Die Flugschüler übernahmen unter Anleitung der erfahrenen Fluglehrer selbst den Steuerknüppel. Starten, Landen sowie das "Hochkurbeln" in bockiger Thermik war Aufgabe der Profis, das Abgleiten bewältigten die Flugnovizen alleine. "Du drehst nach rechts vom Kurs ab, links Seiten- und Querruder geben", so oder so ähnlich kamen ab und an die Fluglehreranweisungen von hinten, wenn der Schüler unter enormer Aufregung und hochkonzentriert mit den Thermikschlägen unter den Tragflächen kämpfte. Einhellige Meinung der Schülerinnen und Schüler: "Spannend, super-cool!".

Fotos: HA. Schneider, PhysikLK