Kryptographieprojekt der Klassen 9b und 9c

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Die Kryptographie, die sich mit Techniken zum Verschlüsseln und Entschlüsseln geheimer Botschaften beschäftigt, ist ein noch relativ junges Teilgebiet der Universitätsmathematik. Warum sie auch im Mathematikunterricht der Schulen langsam Einzug findet, wird jedem verständlich, wenn er über die Sicherheit seines Passwortzuganges am Computer, seines Codes der Scheckkarte oder Ähnliches nachdenkt. Wer also auf "Nummer sicher" gehen möchte, sollte auch die Strategien kennen, mit denen ein Code "geknackt" werden kann.

An zwei Projekttagen in der letzten Schulwoche erhielten die Schülerinnen und Schüler der Klassen 9b und 9c von ihren Klassenlehrern Frau Maringer und Herrn Maringer eine Einführung in die wichtigsten Prinzipien des Verschlüsselns und Entschlüsselns "geheimer Botschaften".

Ausgehend von einigen bekannten Techniken, wie Bilderschriften, Freimaurercode, Code des Polybios oder ASCII-Code, erreichten die Schülerinnen und Schüler im Laufe der Projekttage auch Routine in der vielfältigen Benutzung der Cäsarscheibe, der Fleißnerschablone und deren Verschiebe- und Spiegelungsmöglichkeiten.

Die Schülerinnen und Schüler sahen schnell ein, dass eine Cäsarscheibe nur 25 Möglichkeiten der Verschlüsselung bietet, und eine Nachricht dann leicht zu enttarnen ist, vor allem wenn derjenige, der fest entschlossen ist, den Code zu knacken, genau weiß, dass mit diesem Hilfsmittel verschlüsselt worden ist.

Fast eine halbe Million verschiedener Verschlüsselungsmöglichkeiten bietet dagegen eine "Fleißnerschablone", die aus einem 6 mal 6 großen Quadrat mit 9 ausgeschnittenen Feldern besteht und vom Benutzer 4 mal gedreht werden muss. Eine Botschaft, die mit diesem Hilfsmittel geschrieben worden ist, ist daher praktisch nur noch lesbar, wenn man die Schablone besitzt. Hat der Verfasser der codierten Nachricht noch ein paar "Irritationssymbole" (überflüssige Buchstaben oder Rückwärtsschreiben) in seinen Text eingebaut, dann ist das Entziffern einer nach Fleißner erstellten Nachricht so mühevoll, dass auch die Besitzer der Schablone zuweilen entnervt aufgeben.
Nur - wie kreiert man eine Schablone derart, dass auch nach viermaliger Drehung dieses Objekts immer andere Buchstaben erscheinen?

Die Schülerinnen und Schüler der 9b und 9c fanden das Bildungsprinzip ziemlich schnell heraus und waren am Ende des ersten Projekttages so weit, dass nicht nur jeder seine individuelle Fleißnerschablone kreiert hatte, sie hatten auch in vielen praktischen Gruppenübungen interessante und amüsante Texte nach vielen Methoden dechiffrieren können und dabei allerhand Wissenswertes erfahren:
- dass "mit Mathematikern kein heiteres Verhältnis zu gewinnen ist" (Goethe)
- dass man "alles so einfach wie möglich machen sollte, aber nicht einfacher" (Einstein)
- und weitere nachdenkenswerte Sprüche.
Der zweite Projekttag wurde durch das Spiel "Knack den Code" aus dem "Mathematikum" (Gießen) eingeleitet. Hier konnten die Schülerinnen und Schüler vorgegebene Texte buchstabenweise und ganz ohne Regelwerke, also "aus dem Bauch heraus", ermitteln. Da das benutzerfreundliche Programm die richtig geratenen Buchstaben sofort bestätigt hat, wurde damit das weitere Raten sehr erleichtert. Parallel dazu wurden die falschen Rateschritte bis zur fertigen Lösung gezählt und angezeigt. Einige Schülerinnen und Schüler waren mittlerweile so fit, dass sie längere Texte ohne einen einzigen Ratefehler herausbekamen.

Die dabei benutzten Überlegungen gaben sie bereitwillig an alle weiter:
Besondere Buchstabenhäufigkeiten und das Auftreten immer gleicher Buchstabenpaare waren wichtige Indizien, um die Buchstaben "e" und "n" herauszufinden. Da auch Wortlängen bekannt waren, konnten weitere Vokale und Konsonanten dann oft schlüssig ermittelt werden.
Mit diesen Entdeckungen waren zwei wichtige Lösungsprinzipien für den zweiten Tag gefunden:
Wenn man Texte sicher chiffrieren will, lässt man besser keine Leerzeichen zwischen den einzelnen Wörtern. Außerdem ist beim Dechiffrieren eine Analyse der Buchstabenhäufigkeiten sehr hilfreich und ums genauer, je länger die Texte sind.

Diese Erkenntnisse reichten zum Dechiffrieren von monoalphabetischen Verschlüsselungen (bei denen jeder Buchstabe durch genau einen anderen Buchstaben ersetzt wird) vollkommen aus, obwohl es für die Erstellung solcher Tabellen mehr als 4 Quadrilliarden Möglichkeiten gibt. Die Kombination von menschlicher Intuition und Hartnäckigkeit schafft es trotzdem, diese Codes zu knacken, wie die Schülerinnen und Schüler der beiden Klassen klar bewiesen haben.

Aber noch schneller funktionierte das von Florian Störtz selbst verfasste Dechiffrierprogramm, mit dessen Hilfe er zumindest die monoalphabetischen Verschiebetechniken im Handumdrehen entlarven konnte.

Wenn man also professionell entschlüsseln will, kommt man ohne die Hilfe des Computers heute nicht mehr aus. Aber auch dieser findet den Inhalt des polyalphabetisch verschlüsselten Textes in der Überschrift vermutlich nicht heraus. Und selbst nach der Kenntnis der letzten Verschlüsselungstechnik des Tages, der sogenannten Vigenère-Verschlüsselung, waren die Schülerinnen und Schüler dazu noch nicht der Lage. Mit der Bekanntgabe des Schlüsselwortes hätten sie es sicher herausgefunden, aber genau das wurde ihnen nicht verraten, damit sie auch für den Programmpunkt "Analyse der Schlüsselwortlänge" noch motiviert waren. Die Fragen nach den mathematischen Prinzipien dieser Analysetechnik haben alte Erinnerungen an den größten gemeinsamen Teiler und das kleinste gemeinsame Vielfache wieder geweckt.

Doch die praktische Umsetzung zur Zählung von gleichen Buchstabenpärchen und -tripeln war für den "Handbetrieb" nun wirklich zu mühevoll. Und weil auch mit Computerprogrammen nur wirklich lange Texte auf diese Art zu entschlüsseln sind, wird der Inhalt der obigen Überschrift wohl weiterhin ein Geheimnis bleiben.

Nur so viel sei verraten: Es ist der Titel der Mathematikfortbildung, die Frau Maringer und Herr Maringer im Herbst 2008 besuchten und bei der sie viele Anregungen zu diesem Projekt erhielten. Alles klar? Wer uns nach den Ferien als erster die richtige Lösung bringt, erhält eine Tafel Schokolade! Versprochen!

Hiermit bedanken wir uns im Namen unserer Schüler ganz herzlich bei Herrn Prof. Albrecht Beutelspacher und bei Herrn Herrmann Schneiß für die hervorragenden Arbeitsgrundlagen für dieses Projekt, vor allem Präsentationsvorlagen und die Arbeitsblätter zum praktischen Einübungen der Dechiffriertechniken! Ein herzliches Dankeschön auch an unsere Kollegin Frau Mertes für das Spiel "Knack den Code" sowie an Herrn Forster und Herrn Spanier, die die beiden Projekttage unterstützt und organisatorisch ermöglicht haben!

Wir haben uns sehr mit den Schülerinnen und Schüler gefreut, die - trotz letzter Schul- woche - mit großem Engagement und vorbildlicher Konzentration bei der Sache waren. Ein besonderer Dank gilt Florian Störtz für die gelungene Präsentation seines Dechiffrierprogramms.

E. Maringer und N. Maringer